Historische Waldnutzung im oberen Echaztal im Mittelalter und früher Neuzeit

Trotz der großen Bedeutung der Waldwirtschaft für unsere Gesellschaft und der landschaftsprägenden Wirkung bis heute gibt es bislang für einen speziellen Bereich im Biosphärengebiet Schwäbische Alb, dem oberen Echaztal, nur wenige Bemühungen, diese Themenfelder systematisch zu erforschen und an die interessierte Öffentlichkeit zu vermitteln. Angesichts der aktuellen Debatten um Biodiversitätsverluste im Wald, klimabedingtes Waldsterben und große Holzbedarfe ist das Thema in der Mitte der Gesellschaft angekommen und von hoher Relevanz.

In vergangenen Jahrhunderten stand die Waldbewirtschaftung nahezu ausschließlich unter dem Zwang der Nutzfunktion, um letztlich das Lebensauskommen zu gewährleisten. Neben der Nutzung des Holzes als Bau-, Werk- und Brennstoff dienten die Wälder der Gewinnung von Honig, Harz oder Rinde und wurden im Zuge der Waldweide intensiv genutzt. Alte Wegetrassen zeugen noch heute von einer vielschichtigen Mobilität im Wald. Der herrschaftlich-adeligen Lebenswelt dienten sie nicht selten als ausgedehnte Jagdbezirke. Eine besondere Bedeutung hatte vor der Verfügbarkeit fossiler Brennstoffe die Köhlerei.

Viele Relikte der historischen Bewirtschaftung haben sich als Kulturlandschaftsrelikte und archäologische Quellen erhalten. Diese Waldbewirtschaftungsformen werden heute nur noch in wenigen Wäldern, meistens zum Erhalt der Tradition und der Erfahrungen sowie zum Artenschutz ausgeführt.

Ziel des Projektes ist eine umfassende Rekonstruktion von Erscheinungsbild, Nutzung und Nutzungswandel der Wälder im oberen Echaztal, da hier besonders umfangreiche Vorkommen vermutet werden.

Die Grundlage hierfür bilden:

  • Geländebegehungen und Anwendung von Fernerkundungsmethoden zur Kartierung, Datierung und funktionaler Einordnung der erhaltenen Spuren der historischen Waldwirtschaft – beispielsweise Meilerplätze oder Wegenetze,
  • archäologische Grabungen zur Gewinnung botanischer Reste wie Holzkohle, Früchte, Samen und Baumpollen, um diese vegetations- bzw. forstgeschichtlich zu analysieren,
  • bauarchäologisch-dendrochronologische Analysen erhaltener Bauhölzer in historischen Gebäuden der Region, z. B. Kirchendächern.

Werden diese Methoden kombiniert und durch ein Studium schriftlicher Quellen ergänzt, ist eine umfassende Rekonstruktion von Erscheinungsbild, Nutzung und Nutzungswandel der Wälder möglich.

Die Ergebnisse sollen in Form eines für 2024 angesetzten Ausstellungsprojekts in Pfullingen einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Eine gezielte Integration der Ergebnisse im Rahmen von Publikationen, Themenwanderwegen, Vor-Ort-Beschilderung, Führungen, Vorträgen und Filmprojekten ist perspektivisch geplant. Interdisziplinär ausgerichtete Publikationen in archäologischen, geschichtswissenschaftlichen und forstwirtschaftlichen Medien sind außerdem angedacht.

Antragsteller: Verein zur Förderung der Archäologie des Mittelalters Schloss Hohentübingen e. V.