zwei Kolkraben sitzen auf dem Rücken eines Schafes

Untersuchung zu Kolkraben und Schafhaltung

Zwischen Kolkraben und der Schafhaltung besteht seit historischen Zeiten ein spannungsreiches Verhältnis. Der Aasfresser macht keinen Unterschied zwischen Wild- und Nutztieren. Inwieweit der Kolkrabe nur im Sterben befindliche Tiere befällt oder auch gesunde Lämmer erheblich verletzen oder gar töten kann – und somit ein wirtschaftlicher Schaden entsteht - wird kontrovers diskutiert. Nachdem in den letzten Jahren vermehrt Übergriffe von Kolkraben auf Schafe gemeldet wurden, hat das Land auf Initiative des Landesschafzuchtverbands Baden-Württemberg eine mehrjährige Untersuchung mit Schwerpunkt im Biosphärengebiet finanziert. Das Projekt wurde von der Geschäftsstelle des Biosphärengebiets koordiniert und vom Zoologischen Institut der Universität Hamburg bearbeitet.

Im Rahmen der dreijährigen Untersuchung (2014-2016) wurden Schäfer landesweit aufgefordert alle Übergriffe durch Kolkraben zu melden. Ziel war eine eingehende Untersuchung der Fälle, teils auch durch veterinärmedizinischer Sektionen, um herauszufinden, ob sich die Tiere beim Übergriff bereits durch andere Ursachen im Sterben befanden oder ob die Verletzungen durch den Kolkraben zum Tod führten. Neben der Ursachenforschung stand natürlich auch die Frage im Vordergrund wie Übergriffe von Kolkraben auf Schafe möglichst vermieden werden können.

Als wesentliche Ergebnisse der Untersuchung kann festgehalten werden, dass Tötungen von ganz vitalen Lämmern durch Kolkraben nicht registriert wurden. Entweder lag bereits eine Vorschädigung vor oder eine extreme Wetterlage hat zur Unterkühlung geführt. Schwere Verletzungen traten nur auf, wenn die Lämmer bereits aus anderen Gründen bewegungsunfähig waren.

Bewegungsunfähige Weidetiere in ungestörten Verhältnissen stellen für den Kolkraben jedoch eine attraktive Nahrungsquelle dar. Dies liegt im Naturell eines Aasfresser. Es wurden jedoch nur einzelne Fälle von schweren Verletzungen durch Kolkraben gemeldet, sodass angesichts der starken Zunahme der Art in ganz Baden-Württemberg und der ebenso flächenhaften Verbreitung der Schafhaltung nicht ausgeschlossen werden kann, dass dies auch Gründe in den betroffenen Betrieben haben kann.

Verletzungen an vitalen Lämmern sind möglich, kamen aber eher zufällig und vereinzelt vor. Dies sind das Auspicken eines Auges oder der Zunge. Hier muss tatsächlich von einem wirtschaftlichen Schaden gesprochen werden. Solche Fälle kamen in der Untersuchung vor, waren aber eher Ausnahmen. Jedoch kam das gezielte Verletzen der Schwänze bei einzelnen Schäfereien systematisch vor und stellt einen echten Schaden dar, da dadurch häufig Lähmungen der Hinterläufe ausgelöst werden.

Als wesentliche Empfehlungen für die Vermeidung von Übergriffen kann genannt werden, dass ein gutes Herdenmanagement mit Kontrollen in den frühen Morgenstunden und schnellem Entfernen von Nach- und Totgeburten sehr wichtig ist, damit die Kolkraben keine Tradition des dauerhaften Aufenthalts entwickeln. Sofern sich Kolkraben regelmäßig bei einer Herde aufhalten und z.B. einen gemeinsamen Schlafplatz in der Nähe haben, sollte - sofern möglich - das Ablammen in einem Stall erfolgen, um die Tradition zu unterbrechen. Künstliche Nahrungsquellen in der Umgebung die den Kolkraben anlocken, wie z.B. in Wildgehegen, an Luderplätzen oder Biogasabfälle sollten entfernt werden. Eine gezielte Ablenkfütterung ist aufgrund der großen Aktionsräume der Kolkraben und der weiten Verbreitung der Schafhaltung in Baden-Württemberg nicht praktikabel.

Gegen das gezielte Verletzen der Schwänze sollten gewohnte Verhaltensweisen der Kolkraben so schnell als möglich durchbrochen werden. Dies kann durch den Wechsel der Koppelfläche, das kurzfristiges Aufstallen und regelmäßige Kontrollen der Herde zu ungewohnten Zeiten geschehen. Bei wiederholtem Schwänzepicken kann das vorsorgliche Kupieren helfen, dabei sind die gesetzlichen Vorgaben zu beachten.

Eine ausführlichere Darstellung der Thematik und der Untersuchungsergebnisse enthält die Broschüre „Kolkraben und Schafhaltung“.

Projekteindrücke

Hans Offenwanger

Diplom-Biologe und Diplom-Sozialpädagoge
Naturschutz, Koordination Ranger-Team

Erreichbarkeit
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